Page 49 - The Lugdunum Auction 25
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Unveröffentlichte Zeichnung des berühmten
                                        Genfer Medailleurs Antoine Bovy (1795-1877)


                          Geschichtlicher Hintergrund

                  Seit ihrer Gründung im Jahr 1848 hatte die Schwei-
                  zerische  Eidgenossenschaft  keine  Goldmünzen  in
                  ihrem Namen geprägt. Die Eidgenossenschaft ver-
                  traute auf die grosse Menge an ausländischen Gold-
                  münzen, die nach der Gründung der Lateinischen
                  Münzunion in ihrem Hoheitsgebiet in Umlauf wa-
                  ren.
                  Die am 23. Dezember 1865 gegründete Währungs-
                  union  ermöglichte es  den Währungen  von  Frank-
                  reich, Belgien und Italien, in der Schweiz frei zu zir-
                  kulieren und galten fortan als gesetzlich anerkanntes
                  Zahlungsmittel. Diese Situation war zwar zunächst
                  vorteilhaft, erwies sich aber bald als gefährlich un-
                  zureichend.
                  Denn  als nach dem Ausbruch  des französisch-
                  preussischen  Krieges  am 19. Juli  1870 in  der
                  gesamten Union  massiv Goldmünzen  gehortet
                  wurden, kam es in der Eidgenossenschaft zu einem
                  drastischen Mangel an diesen Münzen.
                                                                   Plakat zur Gründung der Lateinischen Münzunion
                  Angesichts der Bargeldkrise, die die Schweizer Wirtschaft blockierte, sah sich der Bundesrat gezwungen,
                  eine  Lösung zu  finden  und erliess  am 22. Dezember  1870, wenige  Tage  vor  Weihnachten,  ein
                  entsprechendes Gesetz. Dieses Datum verdeutlicht die Dringlichkeit der Situation. Von diesem ersten
                  Versuch, 1871 Schweizer Goldmünzen zu prägen, sind die Proben aus dem Jahr 1871 von Karl F. Voigt
                  (HMZ 2-1225a) und Eduard Durussel (HMZ 2-1226a) sowie die Vorderseite der Probe von 1873 von
                  Robert Dorer aus dem Jahr 1871 (HMZ 2-1127a und 2-1128a) überliefert.

                                                                   Seltene Darstellung der Helvetia
                                                            Auf der Bleistiftzeichnung in der Grösse von 25x25
                                                            cm, welche die für Bovy typische hohe künstlerische
                                                            Qualität aufweist, finden sich Elemente, die bereits
                                                            auf seinen  Silbermünzen  des  Typs  „à  l‘Helvetia
                                                            assise“ zu finden sind  und seit 1850  in  der
                                                            Eidgenossenschaft in Umlauf waren: die Darstellung
                                                            des  Mont Blanc  im  Hintergrund,  die  antike  Toga
                                                            sowie die Pflugschar und die Weizenähren auf der
                                                            rechten Seite.

                                                            Bemerkenswert und neuartig an diesem Entwurf ist
                                                            jedoch  die  frontale  Darstellung der Helvetia.  Eine
                                                            ikonografische Technik, die Antoine Bovy sehr am
                                                            Herzen  lag  und  die  er  bei  vielen  seiner  Medaillen
                                                            anwandte. Dazu gibt es ein weiteres ikonografisches
                                                            Element,  das  diesen  Entwurf  mit  dem Werk  von
                                                            Robert Dorer verbindet: ein grosses Schwert in der
                                                            rechten  Hand  der  Helvetia,  welches  eine  Schweiz
                                                            symbolisiert, die  bereit ist, sich  im  Kontext des
                                                            Krieges in Europa zu verteidigen.
                          Frontale Darstellung der Helvetia


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